Kapitalmarkt und Compliance

Retail Investment Strategy

Der Trilog zur Retail Investment Strategy (RIS) wurde Mitte März 2025 gestartet, ist zuletzt aber wieder ins Stocken geraten. Es wird damit gerechnet, dass er ernsthaft erst unter dänischer Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli 2025 fortgeführt wird.

Die EU-Kommission hatte mit Blick auf ihre aktuellen Bestrebungen (u. a. Reduzierung der Regulierungslast) Anfang Mai ein Non-Paper vorgelegt, das Vereinfachungsvorschläge für die RIS enthält. Das Papier kann unseres Erachtens nur als erster (zaghafter) Schritt gesehen werden, da damit nicht unsere Grundkritik an der RIS ausgeräumt wird. Diese enthält – entgegen der aktuellen Zielsetzung – eine Reihe von bürokratischen Maßnahmen, die das Wertpapiergeschäft erheblich erschweren können. So soll ein sehr komplexer Value-for-Money-Ansatz in den Product-Governance-Prozessen bei Emittenten als auch bei Vertriebsstellen implementiert werden, der die „Werthaltigkeit“ von bestimmten Finanzprodukten bemessen soll. Zudem soll es Änderungen in der Anlageberatung und dem sogenannten beratungsfreien Wertpapiergeschäft geben. Auch im Bereich des Provisionsregimes könnte es zu Verschärfungen kommen.

Generell fehlt der ursprünglich auch angekündigte Fokus auf eine kritische Durchsicht der bestehenden Vorgaben, um den Zugang zum Kapitalmarkt für Anleger wieder attraktiver zu gestalten. Daher sollte in diesen Zeiten ernsthaft erwogen werden, die RIS in Gänze zurückzunehmen.

Kapitalmarktunion

Die Pläne zu einer Kapitalmarktunion (CMU) möchten im Kern einen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt schaffen, der keinen großen Hürden bei grenzüberschreitenden Transaktionen unterliegt.

Vorbild ist der US-Kapitalmarkt. Anlass aktuell verstärkter Diskussionen ist die notwendige Transformation der europäischen Wirtschaft, wofür auch privates Kapital mobilisiert werden muss. Viele Einzelmaßnahmen der bisherigen Aktionspläne der EU-Kommission sind von der Idee her grundsätzlich sinnvoll, ein schlüssiges Gesamtkonzept, das die grundlegenden Defizite aufgreift, fehlt aber. Einzelne Vorschläge, wie aktuell die Retail Investment Strategy, drohen sogar das Wertpapiergeschäft noch weiter zu verkomplizieren.

Aus unserer Sicht ist elementar, dass grenzüberschreitende Wertpapiergeschäfte genauso einfach, rechtssicher und kostengünstig sind wie Inlandsgeschäfte. Dafür braucht es vor allem einen einheitlichen Rechtsrahmen in Europa: Hürden im Steuer- und Insolvenzrecht scheinen schwer überwindbar, wir sehen insbesondere beim Insolvenzrecht viele Hindernisse. Verbriefungen können allerdings direkt zur Finanzierung von Unternehmen beitragen oder zusätzliche Spielräume für die Vergabe von Krediten schaffen. Wir unterstützen eine Überarbeitung des Verbriefungsrahmenwerkes. Wichtig ist bei der CMU auch, dass weiterhin die Finanzierungsquellen – kredit- und kapitalmarktbasierte – in einem ausgewogenen Verhältnis stehen und sich sinnvoll ergänzen.