Eine zukunftsfeste Arbeitswelt

Öffentliche Banken sind attraktive Arbeitgeber. Leistungsgerechtigkeit, flache Hierarchien, lebenslanges Lernen und vieles mehr werden bei ihnen großgeschrieben. Doch auch die öffentlichen Institute müssen sich weiterentwickeln, um auch zukünftig im Wettbewerb um die klügsten Köpfe zu bestehen. Hier erfahren Sie, wie die Haspa ihre

Unternehmenskultur komplett umkrempelt, um attraktiver zu werden für ihre Beschäftigten – auch für die zukünftigen. Und auch die Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken arbeitet weiter an der Zukunft der Arbeit und gestaltet gemeinsam mit den Gewerkschaften ein transparenteres, flexibleres und leistungsgerechteres Entgeltsystem.

Das neue Wir-Gefühl

Auch bei der Hamburger Sparkasse verändert sich die Unternehmenskultur: New Work, agile Arbeitsformen, bereichsübergreifende Zusammenarbeit, Führungsverhalten und Homeoffice sind Eckpfeiler der Transformation. Dennis Chan treibt sie mit voran – nicht nur aus beruflicher Motivation.

Auf den ersten Blick deutet nichts auf ein Treffen von Bankangestellten hin. Entspannt stehen sie in Jeans und Sneakers vor mannshohen mit bunten Post-its beklebten Boards. Die drei wirken eher wie MitarbeiterInnen eines neu gegründeten Start-ups, dabei sind sie Teil des Bereichs Transformationsmanagement der Hamburger Sparkasse. Es geht ihnen um den Kulturwandel, eine Revolution in der Arbeitswelt. Die Art der Zusammenarbeit wird dabei von Grund auf verändert. Vorbei sind die Zeiten von steilen Hierarchien, starren Teams, unflexiblen Kommunikationsformen. Nicht nur die Privatwirtschaft stellt sich dem Wandel, sondern auch die Sparkassen und öffentlichen Banken. Dies hat die Haspa erkannt und den Transformationsprozess mit Gründung eines eigenen Unternehmensbereichs 2020 endgültig gestartet. Mitten in der Zentrale, unweit der touristischen Hotspots der Hamburger City, tauscht sich Dennis Chan, Bereichsleiter Transformation, in einem großen weißen Konferenzraum, zwischen Sitzkissenrunde und überdimensionalem Tisch, über Prototypen, Konzepte und Zusammenarbeit mit seinen TeamkollegInnen aus. An diesem Tag geht es vor allem um das Thema Feedback-Kultur – und das hierarchieübergreifend.

Der 42-jährige Dennis Chan hört aufmerksam zu, stellt gezielt Fragen, lacht viel und verfolgt den Gesprächsverlauf ähnlich wie ein Billardspieler, der nach seinem Stoß analysiert, in welche Richtung sich die Partie weiterentwickelt. In diesen Momenten des Brainstormings entstanden Methoden, die jetzt im Haus eingesetzt werden, um den Austausch zwischen Führungskräften und MitarbeiterInnen zu fördern – wie etwa die Fünf-Minuten- Gespräche.

Während ein/e TeilnehmerIn genau fünf Minuten etwas über sich – privat, geschäftlich oder was sie bzw. ihn gerade bewegt – erzählt, hört das Gegenüber nur zu. Dabei ist der Zuhörende mit der Aufmerksamkeit ausschließlich beim Erzählenden. Dann wechseln die Rollen. „Zuerst müssen wir Werte und Strukturen aller Mitarbeitenden verstehen, um sie zu fördern und weiterzuentwickeln“, sagt Dennis. Das sei die Basis, um überhaupt eine Veränderung in einem großen Unternehmen anzustoßen. Diese Form des offenen Austausches sowie des aktiven Zuhörens wird nicht nur zwischen Führungskräften und MitarbeiterInnen in den Performance-Dialogen aktiv gelebt, sondern auch vom Vorstand. Unter anderem in Formaten wie den Zukunftsworkshops. Zu den Zukunftsworkshops lädt der Vorstand die MitarbeiterInnen in diesem Jahr bereits zum dritten Mal ein, um sich über die Vision, die Zukunft der Haspa sowie den Transformationsprozess auszutauschen.

Der Start der Transformation

Nach einer Tischlerausbildung wechselte Dennis die Branche und wurde mit 26 Jahren Bankkaufmann. Dann Kundenberater, Filialleiter und schließlich Trainer für Führungskräfte. Seine offene, humorvolle, aber auch bestimmende Art kommt an: Er bricht das Eis schnell. 2016 war für den Hanseaten der entscheidende Moment, als die Haspa beschloss, sich einem Kulturwandel zu unterziehen. Die Gründe waren unterschiedlich: Die Auswirkungen der Finanzkrise führten zu Niedrigzins und Verwahrungsentgelt auf den Konten. Außerdem mischten junge Fintech-Unternehmen im Zuge der Digitalisierung die Finanzwelt auf. Die KundInnen hatten nun mehr die Möglichkeit, ihr Geld woanders anzulegen.

Was bedeutet das alles für ein etabliertes Finanzinstitut mit rund 4.500 Mitarbeitenden und 170 Auszubildenden? Wie kann die Haspa für KundInnen interessant bleiben? Was braucht es dafür?

„Motivation“, so Dennis. „Mehr Wertschätzung und sinnstiftende Aufgaben sind für Mitarbeitende auf lange Sicht das Ziel des Abenteuers Wandel.“ Das schaffe Identifikation mit dem Arbeitgeber – und das spüren auch die KundInnen.

Aber der Wechsel gelingt nur, wenn alle mitspielen. Unter dem Motto „Vernetzung, Vertrauen, Verantwortung“ startete Dennis Chan mit unorthodoxen Methoden, um neue Denkprozesse anzustoßen. So verfrachtete er beispielsweise Teile der Belegschaft und den Vorstand gemeinsam in Busse und ließ sie einfach miteinander reden. „Das kennen wir doch alle: Wenn wir im Auto sitzen, sehen wir nicht das Gesicht des Hintermanns und entwickeln eine andere Gesprächsdynamik. Wir hören genau zu, lassen den anderen ausreden. Das ist etwas anders als in einer offenen Runde im Stuhlkreis.“ So entstanden aus seiner Sicht während der Fahrten viel persönlichere Runden. Als Nächstes kam es 2020 zur Gründung des Bereichs Transformationsmanagement. Insgesamt acht ExpertInnen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen entwerfen neue Konzepte, stärken die Zusammenarbeit, passen Strukturen und Prozesse an und begleiteten die Führungskräfte aktiv. Personalgespräche wurden mit Hilfe der Performance Dialoge aufgelockert. Hierbei lag der Schwerpunkt zunächst sehr stark auf dem Menschen – dem Herausfinden der Wertevorstellung, dem Vertrauensaufbau und dem Zuhören. Im nächsten Schritt stehen in den Performance Dialogen Entwicklung und Leistung im Fokus, um so die Aufgaben den MitarbeiterInnen anzupassen – das Augenmerk liegt nun noch stärker auf dem „Wie“.

Kulturwandel bei den MitarbeiterInnen

Ein Novum. Auch für Recep Özge. Der Vermögensberater sitzt in der Haspa-Filiale im Hamburger Stadtteil Ottensen. Ein Szeneviertel. Zwischen Biohändlern, jungen Familien und Cafés mit Pariser Flair bietet er seinen KundInnen unterschiedliche Lösungen an. Der 32-Jährige hatte die Umstellung auf die neuen Umgangsformen nicht wirklich ernstgenommen. „Für mich war das abgehakt, das waren nur Floskeln“, so Recep. Nach seinem ersten, wie er meint, sehr kritischen, aber auch lösungsorientierten Feedback seinen Vorgesetzten gegenüber war er sich nicht ganz sicher, wie es nun für ihn weitergeht. Aber es kam ganz anders als befürchtet. „Die meinen das tatsächlich so“, sagt er schmunzelnd und haben die Kritik angenommen und sich verbessert. Die Erfahrung habe seine Einstellung geändert, weil er sich gehört fühlt – er hat jetzt den Mut, Prozesse zu gestalten, eigene Ideen vorzubringen. So hatte er zum Beispiel früh entschieden, als die Verwahrungsentgelte für Privatkonten eingeführt wurden, dass alle KundInnen zu einem Informationstermin eingeladen werden. In vielen Gesprächen konnten seine KollegInnen und er Wut und Unverständnis über die Negativzinsen vorab auffangen. So saß er auch mit Menschen am Tisch, die seit sehr langer Zeit kein persönliches Wort mit deren BankberaterInne gewechselt hatten und froh waren, endlich Wertschätzung und finanzielle Begleitung zu erhalten. Das war wie ein Neustart für ihn und schuf eine engere Bindung zu den KundInnen. Zu den neuen Arbeitsmethoden, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, gehört die Umstellung auf das Homeoffice. „Das kriegen auch meine Nachbarinnen und Nachbarn zuhause mit und sie stellen mir mal ab und zu Fragen zu Finanzierungen und zu meinem Arbeitgeber.“ Die Grenzen zur Bank im klassischen Sinn werden fließender. Alles gestaltet sich viel offener – so wie auch Recep Özge über seinen Arbeitgeber denkt. „Ich kriege durch mein Verhalten und meine persönlichen Erfahrungen mit, dass ich der Haspa ein Stück weit ein neues Image verpasse.“ Das mache ihn stolz.

Aber nicht nur der Kundenkontakt soll vom Wandel profitieren, sondern auch der Zusammenhalt im Haus. „Es entsteht immer mehr ein Wir- Gefühl bei der Haspa“, sagt Isa-Lorett Ziesemer. Die 32-Jährige ist als Media Relations Managerin tätig. Für sie stellt die Transformation den Menschen in den Mittelpunkt.

„Es ist ein schleichender Prozess“, erzählt sie lebendig. „Es sind die vielen Kleinigkeiten, die mich verändern, wie zum Beispiel die Einführung der Duz-Kultur. Das war vorher nicht so.“ Besonders auf den Einzug in die neue Haspa-Zentrale im kommenden Jahr freut sie sich: „Wir vereinen unsere bisherigen drei Standorte unter einem Dach und machen mit dem neuen Bürokonzept unseren Wandel auch räumlich greifbar.“ Statt Einzel- und Doppelbüros wird es Bereiche für Meetings, Gespräche mit KundInnen, Kollaboration, konzentriertes Arbeiten, Rückzugsorte und vielfältige Begegnungsmöglichkeiten geben. So oft es geht, möchte Isa diese neue Form der Freiheit dann nutzen: sich den Arbeitsplatz auswählen, wie es zur Aufgabe passt. Besonders gefällt ihr eine Applikation fürs Smartphone, die neu entwickelt wurde. Die „Haspa2Go“-App lebt vom Mitmachen und funktioniert wie eine Art Facebook. Alle Mitarbeitenden können eigene Inhalte reinstellen, sich in Chats austauschen, Vorständen erzählen, wie sie die Veränderung wahrnehmen. Der Informationsaustausch gewinnt an Tempo. Alles wird persönlicher.

Veränderung ist attraktiv für Nachwuchskräfte

Eine Umstellung, an die sich Marcel Sluppke etwas gewöhnen musste. Der 42-Jährige ist Leiter für das Firmen- und Privatkundengeschäft Süd. „Wenn ein Azubi auf mich zukommt und sagt, dass ich da Grütze gemacht habe, dann muss ich erstmal schlucken.“ Das sei etwas, was er sich während seiner Ausbildung niemals getraut hätte. Auch wenn das Feedback ein wenig ungelenk war, so sieht er als positives Zeichen, dass die jungen MitarbeiterInnen sich mutig zeigen, kritisch denken, den Dialog einfordern. Das fordere ihn auch als Leader heraus, um ein Vorbild zu sein. Vor allem merke er den Wandel bei Einstellungsgesprächen.

„Die Nachwuchskräfte wollen mitbestimmen. Sie wollen einfach anders arbeiten und fragen nach hybriden Arbeitsmethoden“, so Marcel. Deswegen muss die Haspa als Arbeitgeber attraktiv sein und klarstellen, dass sie Transformation wirklich lebt. „Hamburg ist zwar eine schöne Stadt, aber es braucht mehr als nur das.“ Dazu gehöre es, eine Willkommenskultur zu schaffen und zu fragen, was die BewerberInnen möchten, was dieser beim Gespräch spürt, welche Freiheiten während der Ausbildung möglich sind. Dies erfordere aber auch mehr Zeit mit den Auszubildenden, um ihnen sinnstiftende Aufgaben zu ermöglichen. „Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer suchen sich in Zukunft ihren Arbeitgeber aus“, sagt Dennis Chan. Deswegen müsse die Transformation die Haspa auf diese Entwicklung vorbereiten, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Wann genau der Wandel abgeschlossen ist, kann er nicht sagen. Nicht das Erreichte zählt für ihn, sondern der ständige Weg des Lernens, des Ausprobierens. „Ich merke, dass die Kolleginnen und Kollegen kritischer, konkreter und offener geworden sind“, sagt er. Feedback sei für Dennis kein Geschenk, sondern müsse täglich gelebt werden. Deswegen stehe für ihn immer an erster Stelle bei der Transformation: „Einander zuhören!“