Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken, Gunar Feth, spricht im Interview darüber, warum eigenständige Verhandlungen für die öffentlichen Banken und ihre Beschäftigten Sinn machen und mit welchen Vorstellungen die Banken-Arbeitgeber in die Tarifverhandlungen gestartet sind.
„Wir wollen Zukunft gestalten“

Herr Feth, Sie sind Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken in den laufenden Tarifgesprächen. Warum ist der VÖB ab diesem Jahr wieder allein unterwegs?
Der VÖB hat sich im vergangenen Jahr aus der Verhandlungspartnerschaft mit den privaten Banken getrennt. Als Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken, die im VÖB angesiedelt ist, verhandeln wir deshalb wieder eigenständig. In den Verhandlungen vertreten wir die 44 angeschlossenen Institute und ihre mehr als 60.000 Beschäftigten.
In den vergangenen Jahren wurde es immer schwieriger, die Interessen der öffentlichen und privaten Banken in einer Verhandlungsgemeinschaft zu vereinigen. Man kam immer nur auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner – und wurde so weder den Instituten noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirklich gerecht. Das wollten und wollen wir anders. Zukünftig können wir wesentlich passgenauere Angebote machen, die die besondere Situation der öffentlichen Banken und ihrer Beschäftigten widerspiegeln.
Der VÖB bildet die Strukturen und Sie als Verhandlungsführer legen die Strategie fest?
Nach der Trennung wurde im VÖB eine eigene Geschäftsstelle „Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken“ eingerichtet. Diese liegt im Verantwortungsbereich von VÖB-Geschäftsführer Dominik Lamminger. Sie sehen: Das Thema Tarif ist im Verband ganz oben aufgehängt, denn die Gestaltung der Arbeitswelt in den Instituten ist eines der wichtigsten Themen für den Verband. Unsere Positionen für die Tarifverhandlungen legen wir als Team fest. Die Mitgliedsinstitute entsenden Vertreterinnen und Vertreter in die Kommission Tarifpolitik. Diese gibt Empfehlungen an den Tarifausschuss ab. Der Tarifausschuss, das sind mein Kollege Dr. Ulrich Theileis und ich. Wir bilden die Verhandlungsspitze.
Für uns sind die Gewerkschaften ver.di und DBV ganz klar Partner auf Augenhöhe.
Wie läuft bisher die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften ver.di und DBV?
Für uns sind die Gewerkschaften ver.di und DBV ganz klar Partner auf Augenhöhe. Wir wollen keine öffentlichkeitswirksame Konfrontation und Auseinandersetzung. Stattdessen streben wir einen konstruktiven und vertrauensvollen Dialog an – und Ergebnisse, die die wirtschaftlichen Realitäten abbilden und gleichzeitig den Weg in eine gute Zukunft für die Institute und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebnen.
Sie haben eben selbst die Positionen angesprochen, mit denen Sie in die Verhandlungen gehen. Wo geht denn für den VÖB die Reise hin?
Eines ist für uns ganz klar: Wir wollen Zukunft gestalten. Als VÖB sind wir angetreten, in den anstehenden Tarifgesprächen die notwendigen Weichen für eine zukunftsfeste Bankenlandschaft mit guten und modernen Arbeitsplätzen zu stellen.
Moderne Arbeitsplätze klingt gut, aber was heißt das genau? Inwiefern spielt der Tarifvertrag da eine Rolle?
Das heißt, dass der Tarifvertrag die strukturellen Grundlagen für die Gestaltung der Zukunftsthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit schaffen muss. Die digitale Arbeitswelt lässt Themen wie Mobile Office und flexible Arbeitszeitgestaltung in den Fokus rücken. Gleichzeitig gewinnen Fragestellungen rund um Nachhaltigkeit massiv an Bedeutung – bei der Gestaltung der eigenen Arbeit ebenso wie bei der Ausbildung. Insbesondere die junge Generation setzt hier neue Prioritäten. Als öffentliche Banken nehmen wir unseren gesellschaftlichen Auftrag sehr ernst und wollen hier strukturelle Weichen stellen.

Gunar Feth ist Vorsitzender des Tarifausschusses und Verhandlungsführer der öffentlichen Banken bei den Tarifgesprächen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der SaarLB ist ausgebildeter Bankkaufmann und schloss einen Diplom-Studiengang am Lehrinstitut für das kommunale Sparkassen- und Kreditwesen an der Sparkassenakademie in Bonn ab. 2005 übernahm Feth seine erste Vorstandsposition bei der Kreissparkasse Saarpfalz. 2014 wechselte er zur Saar LB und wurde im Folgejahr zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt.
Der Tarifvertrag muss die strukturellen Grundlagen für die Gestaltung der Zukunftsthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit schaffen.
Welche Schritte sind konkret notwendig, um die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Tarifvertrag abzubilden?
Zentraler Baustein ist die Reform des Entgeltsystems. Flexibilität ist eines der wichtigsten Kriterien, um sich zukunftsfest aufzustellen. Deshalb wollen wir das Tarif-Entgeltsystem so strukturieren, dass es sich agil an neue Entwicklungen in der Arbeitswelt anpassen kann. Gemeinsam mit den Gewerkschaften wollen wir ein neues System entwickeln, das die heutige und künftige Bankenwelt zeitgemäß abbildet. Dazu haben wir auch bereits sehr konstruktive Gespräche mit den Gewerkschaften aufgenommen.
Zukunftsthemen schön und gut, aber was ist mit dem Thema Gehalt?
Voraussetzung dafür, dass wir die wichtigen Zukunftsthemen angehen können, ist ein Gehaltsabschluss mit Augenmaß. Die Folgen der Corona-Pandemie werden die Institute in den kommenden Monaten und Jahren treffen. Und das in einer Zeit, in der das anhaltende Niedrigzinsumfeld und die Kosten der Regulierung die Ertragssituation der Banken schon seit Jahren unter Druck setzen.
Gleichzeitig hat Corona den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit einen enormen Schub verpasst. Banken mussten sich im Rekordtempo digital neu aufstellen – auch damit ein Großteil unserer Beschäftigten zum Schutz ihrer Gesundheit aus dem Mobile Office heraus arbeiten konnten. Für die Beschäftigten und die Institute war und bleibt die Situation belastend.
Insbesondere wenn ich höre, was die Beschäftigten alles neben der Arbeit zu leisten hatten – Stichwort Homeschooling – da habe ich größten Respekt. Trotz dieser Mehrfachbelastung haben unsere Angestellten kontinuierlich sehr gute Leistungen erbracht. Ich kann ehrlich sagen und ich weiß, ich spreche da auch für meine Kolleginnen und Kollegen: Ich war selten so stolz, für eine öffentliche Bank zu arbeiten, wie in dieser Zeit. Und genau das ist mein Ansporn, in den Tarifverhandlungen etwas zu gestalten, das den Instituten und ihren Beschäftigten eine gute Zukunft gibt.