„Einigungsbereitschaft auf nur einer Seite reicht nicht aus“

Der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft Öffentlicher Banken, Gunar Feth, spricht im Interview mit #GemeinsamGestalten darüber, warum es in den Tarifgesprächen bislang noch zu keiner Einigung gekommen ist und der Arbeitgeberverband deshalb den Instituten die Auszahlung einer 750-EuroCorona-Prämie an die Beschäftigten empfohlen hat.

Herr Feth, fünf Tarifrunden und immer noch keine Einigung. Frustriert Sie das?

Ich bin nicht frustriert, aber es ärgert mich für die Beschäftigten. Ich kann mir vorstellen, dass viele von ihnen enttäuscht sind, dass es in der fünften Runde noch immer keine Einigung gab. Denn je früher wir mit den Gewerkschaften übereinkommen, desto früher profitieren auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon.

Und wieso konnte Ende Januar keine Einigung erzielt werden?

Ehrlich gesagt hätten wir uns gerne schon in der vierten Runde im November geeinigt. Wir hatten damals ein erstes Gehaltsangebot auf den Tisch gelegt, auf dessen Grundlage wir ein gutes Ergebnis verhandeln wollten. Auch beim Thema mobiles Arbeiten und bei den weiteren Modernisierungsthemen hatten wir maximale Dialogbereitschaft signalisiert. Aber die Gewerkschaften brauchten Zeit, um zu beraten. Gleichzeitig war für uns klar, dass es spätestens in der fünften Runde im Januar zu einer guten Einigung bei allen Themen kommen muss. Dafür haben wir unser Gehaltsangebot noch einmal deutlich nach oben angepasst und ver.di und DBV ein Paket präsentiert, das wirklich abschlussfähig war und von dem die Beschäftigten stark profitieren würden.

Doch die Gewerkschaften haben abgelehnt?

Das haben sie und das ist sehr bedauerlich, denn jetzt müssen die Beschäftigten noch länger auf eine Einigung warten.

Wie sah denn das Angebot genau aus?

Das Gehaltsangebot, das wir den Gewerkschaften in der fünften Runde vorgelegt haben, besteht aus einer CoronaSonderzahlung in Höhe von 750 Euro sofort bei Abschluss des Tarifvertrags, einer Gehaltserhöhung um 3 Prozent zum 1.11.2022, zwei Sonderurlaubstagen im Jahr 2023 und einer Arbeitszeitverkürzung um eine Stunde zum 1.1.2024.

Je früher die Gewerkschaften und wir zu einem guten Ergebnis kommen, desto früher profitieren auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Was bedeuten diese Zahlen in Prozent, wie hoch ist das Gesamtvolumen?

In einer mittleren Gehaltsgruppe entspricht die CoronaSonderzahlung knapp 2 Prozent, die zwei Sonderurlaubstage nochmal 0,9 Prozent und die Arbeitszeitreduktion um eine Stunde 2,56 Prozent. Zusammen mit der linearen Steigerung um 3 Prozent haben wir uns im Rahmen des maximal Möglichen bewegt. Das hatte mit Verhandlungstaktik nichts mehr zu tun. Wir haben ganz klar auf Abschluss verhandelt. Aber richtig ist auch, dass dafür Einigungsbereitschaft auf nur einer Seite des Verhandlungstisches nicht ausreicht.

Gibt es dann beim Gehalt überhaupt noch Spielraum?

Als Arbeitgeber haben wir uns beim Thema Gehalt und bei den monetären Forderungen insgesamt maximal auf die Gewerkschaften zubewegt und dabei insbesondere die Netto-Wirkung bei den Beschäftigten im Blick gehabt, Stichwort Corona-Prämie. Da gibt es keinerlei Spielraum mehr. Es ist nicht überraschend, dass die Gewerkschaften nun die Inflation in den Fokus rücken. Aber man muss auch sehen, dass das eine Lohn-Preis-Spirale auslöst, wobei Banken die höheren Kosten nicht einfach auf ihre Kunden abwälzen können, so wie es zum Beispiel ein Automobilhersteller oder auch ein Handwerksbetrieb machen könnten. Eine Lohnanpassung, allein basierend auf der aktuellen Inflation, würde das Geschäftsmodell der Banken und damit auch der Arbeitsplätze in den Instituten bedrohen.

Gunar Feth ist Vorsitzender des Tarifausschusses und Verhandlungsführer der öffentlichen Banken bei den Tarifgesprächen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der SaarLB ist ausgebildeter Bankkaufmann und schloss einen Diplom-Studiengang am Lehrinstitut für das kommunale Sparkassen- und Kreditwesen an der Sparkassenakademie in Bonn ab. 2005 übernahm Feth seine erste Vorstandsposition bei der Kreissparkasse Saarpfalz. 2014 wechselte er zur Saar LB und wurde im Folgejahr zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt.

Unser Leitgedanke von Anfang an war und ist es immer noch: Wir wollen Zukunft gestalten!

Also ein Satz mit x, das war wohl nix – zumindest für die Beschäftigten?

Beim Thema Gehalt sind wir leider nicht zusammengekommen. Aber als Arbeitgeber ist es uns wichtig, dass die Beschäftigten nicht darunter leiden, dass die Gewerkschaften unser Angebot nicht angenommen haben. Deshalb hat der Arbeitgeberverband den Mitgliedsinstituten empfohlen, die von uns angebotene Corona-Sonderzahlung in Höhe von 750 Euro schnellstmöglich und unabhängig vom Abschluss eines Tarifvertrags an die Beschäftigten auszuzahlen. Als Corona-Zahlung kommt von den 750 Euro wesentlich mehr bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, deshalb wollten wir die Summe schnellstmöglich auszahlen. Das haben wir auch den Gewerkschaften gegenüber deutlich kommuniziert.

Nun wird es coronabedingt vermutlich eine etwas längere Pause bei den Verhandlungen geben?

Wir sind uns alle einig, dass ein Abschluss nur gelingen kann, wenn wir persönlich am Verhandlungstisch sitzen. In den letzten beiden Runden haben wir mit einem hybriden Format gearbeitet – das ist insbesondere für die digital zugeschalteten Kolleginnen und Kollegen auf beiden Seiten nicht ganz einfach. Tarifgespräche haben viel mit Vertrauen zu tun, da möchte man sich einfach auch in die Augen schauen und das geht aus der Ferne nicht so einfach. Verhandlungen in Präsenz sind in der gegenwärtigen Pandemielage aber leider nicht möglich. Deshalb verhandeln wir am 31. März in Frankfurt a.M. weiter.

Wenn Sie jetzt ein Fazit der bisherigen Gespräche ziehen müssten, wie sähe das aus?

Zufrieden bin ich natürlich nicht, denn ich hätte mich wie gesagt gern schon im November oder zumindest im Januar umfassend mit ver.di und DBV geeinigt. Wir sind zwar bei vielen Themen gut zusammengekommen. Vor allem für die Nachwuchskräfte konnten wir schon viel erreichen. Mitte August haben wir uns mit den Gewerkschaften auf einen eigenständigen und wirklich zukunftsweisenden Tarifvertrag für die Auszubildenden und dual Studierenden einigen können. Dabei haben wir einen Schwerpunkt auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt. Und in der Runde im November haben wir eine deutliche Gehaltssteigerung für die Nachwuchskräfte abgeschlossen. Gleichzeitig haben wir uns bei den Themen mobiles Arbeiten und der weiteren Modernisierung des Manteltarifvertrags angenähert. Auch die notwendige Reform des veralteten Entgeltsystems geht mit einem gemeinsamen festen Fahrplan voran. Aber es hakt weiter beim Thema Gehalt und bei anderen monetären Forderungen, die in der Höhe und in der Sache nicht in diesen Tarifvertrag gehören.

All diese Themen sind Teil des Zukunftsplans, mit dem Sie als Arbeitgeber in die Gespräche gestartet sind.

Das stimmt, als öffentliche Banken sind wir in dieser Tarifrunde zum ersten Mal seit 50 Jahren wieder eigenständig unterwegs. Und das ist gut, denn so können wir wesentlich passgenauere Angebote machen. In diesem Sinne haben wir uns in den zwölf Monaten vor Beginn der Verhandlungen regelmäßig zusammengesetzt und haben geschaut, was es braucht, um nicht nur den Instituten, sondern auch den Beschäftigten eine gute Zukunft zu garantieren. Das Ergebnis ist unser Zukunftsplan. Unser Leitgedanke von Anfang an war und ist es immer noch: Wir wollen Zukunft gestalten! Dafür bin ich und sind wir als Verhandlungskommission angetreten, und so nehmen wir unsere Verantwortung für die Beschäftigten in den Instituten wahr.