Digitaler Euro – Legislativpaket anpassen und Wholesale-Lösung in den Mittelpunkt stellen

Seit Juni 2023 liegt der Gesetzesvorschlag für einen digitalen Euro durch die EU-Kommission vor. Im ECON-Ausschuss des Parlaments wird derzeit die Neuaufnahme der Verhandlungen über den parlamentarischen Berichtsentwurf erwartet. Der Berichterstatter ist festgelegt. In den Ratsarbeitsgruppen wurde zwar auch während der Europawahlperiode weitergearbeitet, allerdings ohne eine weitere Positionierung.

Seit Herbst 2021 arbeitet die EZB an einem Konzept für ein vollständiges hoheitliches Bezahlsystem mit dem digitalen Euro. Im Oktober 2023 wurde eine zweijährige Vorbereitungsphase eingeläutet, obwohl formal die grundsätzliche Entscheidung für einen digitalen Euro nicht gefallen ist. Im aktuellen Rulebook des digitalen Euros definiert die EZB bereits 93 Geschäftsvorfälle, die neben dem digitalen Euro als Zahlungsmittel auch eine komplette Zahlungsinfrastruktur vorsehen. Bis Oktober 2025 soll die erste vollständige Fassung des Rulebook erscheinen.

Derzeit arbeitet die EZB nur an P2P- und B2C-Lösungen, während B2B-, C2G-/G2C- und M2M-Zahlungen kaum bis gar nicht erörtert wurden. Die EZB plant, den digitalen Euro als ein neues digitales Zahlverfahren einzuführen, das im direkten Wettbewerb zu bereits existierenden Marktlösungen steht.

Der EZB sollten enge Grenzen gesetzt werden und marktwirtschaftliche Chancen für die Kreditwirtschaft müssen erhalten bleiben. Den eher geringen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle stehen erhebliche Kosten der Kreditinstitute für die verpflichtende Unterstützung der neuen Infrastruktur neben teilweise fehlender Rechtssicherheit gegenüber.

Im Gegensatz zu den schwierigen Entwicklungen rund um den digitalen Euro als Retail-CBDC zeigt die internationale Entwicklung eine Verlagerung der Aktivitäten hin zu Wholesale-CBDC, dem digitalen Zentralbankgeld für den Interbanken- und Finanzmarkt. Finanzdienstleister im Eurosystem äußern starkes Interesse an der Einführung von Möglichkeiten, durch auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierende Transaktionen die Abwicklung von Transaktionen von Zahlungs- und Wertpapierdienstleistern mit Zentralbankgeld im Interbankenzahlungsverkehr abzuwickeln. Dies erfasst zwar keine Zahlungen für Verbraucher oder Unternehmen. Jedoch könnte eine reibungslose Einführung eines Wholesale-CBDC die Stärkung der Souveränität Europas und resilientere Zahlungsverkehrsinfrastrukturen erheblich voranbringen und auch Basis für Retail-Lösungen des Marktes sein.

Unsere Positionen

Wir begrüßen die Entwicklung eines Wholesale-CBDC für den europäischen Interbankenmarkt. Wir sehen Effizienzgewinne für den Kapitalmarkt, Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kapitalmarkts gegenüber anderen nicht-europäischen Märkten und eine Stärkung des Euros, nicht zuletzt in geostrategischer Hinsicht.

Wir plädieren für einen digitalen Euro, der ausschließlich als Zahlungsmittel von der EZB gestaltet wird. Ein hoheitliches Bezahlverfahren in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Bezahlsystemen kommt vor allem globalen Big Techs zugute, die aufgrund ihrer Skaleneffekte zulasten der verpflichteten heimischen Anbieter profitieren können.

Wir setzen uns dafür ein, dass dieses Zahlungsmittel nur grundlegende Bezahlfunktionen wie Ein- und Auszahlungen aus der digitalen Euro-Kunden-Wallet und ein Haltelimit im Falle einer kontobasierten Version umfasst. Es soll als digitales Pendant zum Bargeld mit hoher Privatsphäre, Offlinefähigkeit und technischer Sicherheit gestaltet werden.

Wir fordern zur Sicherung der Finanzmarktstabilität im Euroraum und sinnvollen Liquiditätssteuerung der Banken ein einheitliches, niedriges dreistelliges und dauerhaftes Haltelimit, ohne Verzinsung für den digitalen Euro.

Wir empfehlen, die Vergütung der Finanzintermediäre dem Markt zu überlassen, damit in zusätzliche innovative Zahlungsdienste investiert werden kann.

Wir plädieren dafür, dass die Verpflichtung für Intermediäre entfällt, die von der EZB entwickelte Euro-System-App zusätzlich für Kunden anbieten zu müssen.

Wir sehen weder den Mehrwert für Verbraucher, Händler und Finanzintermediäre noch die notwendige Finanzmarktstabilität als gesichert an.

Wir werten das aktuelle Auseinanderlaufen der technischen Feinspezifikation durch die EZB im Verhältnis zum noch nicht gesetzten gesetzlichen Rahmen als kritisch.