Fördern und Finanzieren

Förderkulisse planbar und niedrigschwellig gestalten
Um die Transformation erfolgreich zu bewältigen und die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu gestalten, bedarf es einer zuverlässigen und stabilen Förderkulisse. Diese muss mit weiteren Instrumenten, wie z.B. Garantien, flankiert werden. Wichtigstes Anliegen in der Förderpolitik auf europäischer Ebene ist die Marktgängigkeit von Förderprodukten in der Praxis. Die öffentlichen Banken setzen sich für einen vereinfachten Zugang zu Fördergeldern ein. Wir fordern hierfür mehr einheitliche Standards, um die bürokratischen Anforderungen bei Fördermitteln zu reduzieren – sowohl mit Blick auf die Verwendungsnachweise durch Fördernehmer als auch mit Blick auf die Verwendungsvorgaben durch die Politik. Die EU-Förderprogramme sollten dahingehend optimiert werden, dass bereitgestellte Mittel auch tatsächlich zeitnah eingesetzt werden können. Durch die strikte Kopplung sämtlicher Prozesse an die jeweilige EU-Förderperiode kommt es regelmäßig zu notwendigen umfassenden Neuanpassungen der Programme, die letztlich Verzögerungen bei der Verwendung von Fördermitteln verursachen. So waren die Förderbanken im Jahr 2023 noch mit den Schlussrechnungen der bereits Ende 2020 abgelaufenen Förderperioden beschäftigt. Durch die Schaffung von Regelungen und Anforderungen, die weitestgehend förderperiodenunabhängig wären und sich damit nicht alle sieben Jahre ändern würden, sehen wir hier deutliche Verbesserungsmöglichkeiten.

Bürokratische Anforderungen auf Marktgängigkeit überprüfen
Insbesondere bei dem Förderprogramm InvestEU waren die Erwartungen zur Vereinfachung und Verschlankung der unterschiedlichen Programme hochgesteckt. In den vergangenen EU-Förderperioden haben sich die öffentlichen Banken als verlässliche und kompetente Partner erwiesen, wenn es um die Umsetzung europäischer Förderprogramme auf nationaler Ebene ging (z.B. über den EIF in Anspruch genommenen Garantien im Rahmen von COSME oder InnovFin). Leider gibt es bisher noch keinen Vertragsabschluss mit einer deutschen Förderbank, obwohl sich diese schon seit Jahren als Intermediäre engagiert haben. Die Umsetzung von InvestEU-Garantien in Deutschland in schlanke und marktgängige Förderangebote erweist sich jedoch als schwierig, insbesondere aufgrund der gestiegenen Komplexität und der hohen bürokratischen Anforderungen. Wir plädieren daher bei vergleichbaren Initiativen für einen stärkeren Fokus auf deren tatsächliche Umsetzbarkeit.

Beständige Rahmenbedingungen in der Kohäsionspolitik schaffen
Ähnliches gilt für die europäische Kohäsionspolitik mit ihren Strukturfonds (ESIF): Die Komplexität der Regelungen hat bereits heute einen sehr hohen Grad erreicht, der im Widerspruch zu einer effizienten Verwendung der europäischen Strukturfondsmittel steht. Mit Blick auf die Neuprogrammierung von Strukturfonds sollten bestehende Verfahrensweisen daher nur in Ausnahmefällen geändert werden. Ebenso sollten Abwägung von Nutzen und zusätzlicher Belastung für die Verwaltung abgewogen sowie die in der Praxis gesammelten Erfahrungen miteinbezogen werden. Ergänzend regen wir einheitliche Standards für die Vertragsgestaltung an, denn auch dies kann zur Marktgängigkeit beitragen.

Bessere Koordinierung zwischen Förderprogrammen und mehr Flexibilität in der Verwendung
Die verschiedenen Stränge der europäischen Förderung und ihrer Programme sollten besser koordiniert sein. Dies betrifft insbesondere die Programmatiken und Zielstellungen europäischer Förderungen, die bestenfalls kompatibel auszurichten sind. Wir setzen uns daher auch für größere Flexibilität in der Mittelverwendung bei der Inanspruchnahme von ESIF ein, um Proportionalität zu wahren. Eine Vereinfachung des Beihilferegimes würde zudem helfen, Gelder schnell und effizient einzusetzen bzw. in Anspruch nehmen zu können. Auch dies ist eine Lehre aus den vergangenen Krisen sowie Entwicklungen auf den globalen Märkten. Wir beobachten, dass die gängigen Wettbewerbsregeln des freien Marktes immer weniger beachtet werden. Das gilt nicht nur für ostasiatische Märkte, sondern auch für die USA und ihren Inflation Reduction Act. Um Europas Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, ist die effiziente Nutzung öffentlicher Gelder (auch mit sinnvoller privatwirtschaftlicher Ergänzung) essenziell. Diese kann ein wichtiger Faktor für die dauerhafte Konkurrenzfähigkeit des europäischen Binnenmarktes sein, um als Produktionsstätte für klimaneutrale Schlüsseltechnologien weiterbestehen bzw. Leitmarkt für klimaneutrale Produktion werden zu können. 

Transformation, Transition und soziale Verträglichkeit holistisch denken
Für eine erfolgreiche Transformation hin zu einer klimaneutralen europäischen Volkswirtschaft ist in vielen Branchen die Finanzierung eine erhebliche Herausforderung. Zwar können über Instrumente wie Green Bonds grüne Wirtschaftsaktivitäten wie erneuerbare Energien finanziert werden, doch gerade emissionsintensive Sektoren werden in den kommenden Jahren massive Investitionen auf dem Pfad in Richtung Klimaneutralität benötigen. Ein alleiniger Fokus auf die Finanzierung Taxonomie-konformer Wirtschaftsaktivitäten ist dabei nicht zielführend, da diese nur Investitionen in bereits emissionsarme Aktivitäten vorsieht und viele Wirtschaftsaktivitäten noch nicht mit abdeckt. Bedarfe jenseits der EU-Taxonomie sollten beispielsweise über sachgerechte Transitionspläne dargestellt und bei der regulatorischen Weiterentwicklung des Sustainable-Finance-Rahmenwerks mitgedacht werden. Gleiches gilt für dringend notwendige soziale Investitionen.

Soziale Investitionen müssen analog zu Transformation und Transition anerkannt werden
Eine zentrale Stellschraube für das Gelingen der Transformation ist neben den ökologischen Bedarfen auch die Sicherstellung der Finanzierung sozialer Infrastruktur. Insbesondere sich überlagernde Krisen sowie ein großer Investitionsstau auf kommunaler Ebene unterstreichen den Bedarf. Zudem muss auch auf die soziale Verträglichkeit der mit der Transformation verbundenen volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche geachtet werden. Der Fokus der Gesetzgebung richtet sich bisweilen ausschließlich auf die ökologischen Finanzierungsbedarfe und Vorschriften. Für die notwendigen sozialen Investitionen muss ein verlässlicher, freiwilliger Rahmen geschaffen werden. Dieser sollte Anreize bieten, ohne aufwändige Prüfungen oder Berichtspflichten aufzubürden.

Im Fokus

Eine europäische Förderpolitik sollte:

  • bürokratische Auflagen standardisieren und vereinfachen, sodass z.B. InvestEU in Deutschland umgesetzt wird und europäische Strukturfondsmittel zielorientiert und zeitgerecht eingesetzt werden können.

Effektive Transformations- und Transitionsfinanzierung setzt voraus,

  • dass die bestehende Sustainable-Finance-Regulierung auf ihre Umsetzbarkeit geprüft wird, z.B. durch eine Vereinfachung der Offenlegungsvorschriften.
  • dass ein freiwilliges Rahmenwerk zu sozialen Investitionen geschaffen wird, das Finanzierungen sozial nachhaltiger Vorhaben vereinfacht.