Regulierung und Aufsicht

Voraussetzungen für die Finanzierung der Transformation verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit stärker beachten
Im Nachgang der Finanzmarktkrise 2008 wurden der europäischen Kreditwirtschaft eine Vielzahl von neuen Regelungen auferlegt und daran anknüpfend im Jahr 2014 der einheitliche Aufsichtsmechanismus SSM und im Jahr 2016 die europäische Abwicklungsbehörde SRB etabliert. Die Maßnahmen haben die Widerstandsfähigkeit des EU-Bankensektors deutlich erhöht und den Finanzmarkt stabilisiert. So hat die EZB den von ihr beaufsichtigten Banken Ende 2023 nochmals solide Kapital- und Liquiditätsausstattungen bescheinigt. Die Regulierungsziele wurden erreicht. Hierfür spricht, dass die EU-Banken die jüngsten Marktturbulenzen in den USA und der Schweiz entsprechend abfedern konnten. Nach 16 Jahren Regulierungswelle muss jetzt anerkannt werden, dass jede neue regulatorische Anforderung die Banken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, der Finanzierung der Transformation, einschränkt. Mit Blick auf die Zukunft sollen die Finanzierungsmittel verstärkt in Maßnahmen zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen Klimawandel, Digitalisierung und Friedenssicherung investiert werden. Die Politik betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der Mobilisierung privaten Kapitals. Sie sollte jetzt die entsprechenden Voraussetzungen schaffen.

Basel III als Schlusspunkt der regulatorischen Aufarbeitung der Finanzkrise
Die Umsetzung des EU-Bankenpaketes (Basel III) sollte den Schlussstrich unter die regulatorische Aufarbeitung der Finanzkrise setzen. Jede zusätzliche Regulierung schränkt nicht nur Finanzierungskapazitäten ein, neue Auflagen mindern auch die Wettbewerbsfähigkeit. Europäische Banken sind im globalen Vergleich weniger rentabel, langfristig können aber nur ertragsstarke Banken ein stabiles Finanzsystem und die Finanzierung der Transformation gewährleisten.

Komplexitätsreduzierung: mehr Prinzipienorientierung wagen
Die hohen Kosten der Regulierung sollten reduziert werden. Hierzu sollte einerseits das bestehende Regelwerk insgesamt evaluiert und um überflüssige oder sich überschneidende Anforderungen entschlackt werden. So sollte z.B. die anstehende Überarbeitung des makroprudenziellen Rahmenwerks genutzt werden, um das Kapitalpufferkonzept einfacher und flexibler auszugestalten. Zum anderen schlagen wir vor, die Dynamik hin zu immer detaillierteren Regelungen zu stoppen und durch eine stärker prinzipienorientierte Regulierung und Aufsicht zu ersetzen. Dabei muss sichergestellt werden, dass das regulatorische Korsett nicht zu eng geschnürt ist, um eine schnelle und unbürokratische Nutzung von Künstlicher Intelligenz zu ermöglichen. Übergeordnet bedarf es somit eines langfristigen regulatorischen Zielbilds. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang auch den Vorschlag der EU-Kommission, die Anzahl und den Umfang bürokratischer Auflagen im Bereich der Berichtspflichten um 25 % zu verringern. Die Initiative sollte auch auf weitere Vorgaben ausgeweitet werden.

Verbriefungen als Transformationsinstrument revitalisieren
Regulatorische Anforderungen sollten der für die Finanzierung der Transformation dringend notwendigen Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte nicht entgegenstehen. Die europäischen Verbriefungsmärkte sind – anders als beispielsweise in den Vereinigten Staaten – nach der Finanzkrise noch nicht wieder auf ihr ursprüngliches Niveau zurückgekehrt. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte in den hohen Kapitalanforderungen liegen, die für Banken mit solchen Transaktionen verbunden sind. Diese sollten – wie in der CRR vorgesehen – umfassend auf ihre Risikogerechtigkeit überprüft werden. Bestehende Übergangsregelungen sollten verlängert und ausgeweitet, die überbordenden Offenlegungspflichten – vor allem für private Transaktionen – deutlich reduziert werden.

Beendigung der Bankenabgabe auf EU-Ebene
Um weitere Mittel für die Transformationsfinanzierung bereitzustellen, plädieren wir zudem für eine Beendigung der EU-Bankenabgabe nach dem erstmaligen Erreichen der Zielausstattung des EU-Abwicklungsfonds SRF. Der SRF, den die Banken bis Ende 2023 mit eigenen Mitteln gefüllt haben, hat seinen ursprünglich anvisierten Zielwert (55 Milliarden Euro) mit rund 78 Milliarden Euro deutlich übertroffen. Dieser Anstieg ist, wie auch vom SRB festgehalten, allerdings nicht auf eine gestiegene Risikobereitschaft der Banken, sondern allein auf einen Anstieg der gedeckten Einlagen zurückzuführen. Wir sprechen uns daher klar gegen eine Dynamisierung des Instruments über diese Aufbauphase hinaus aus. Durch die Beibehaltung der Erhebung der EU-Bankenabgabe wäre der Fonds deutlich stärker überkapitalisiert, als er es heute schon ist.

Harmonisierung und Evaluierung der Sustainable-Finance-Regulierung
Wir halten es zudem für dringend geboten, die verschiedenen Rechtsakte der Sustainable-Finance-Regulierung (Taxonomie, SFDR, CSRD, CS3D, ESG-Aspekte in weiteren aufsichtlichen Regelwerken sowie diverse ESG-Datenerhebungen) auf Konsistenz zu prüfen und auszurichten. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an ESG-Daten. Hier gilt es, Doppelungen abzubauen und die Feingliedrigkeit bestmöglich zu reduzieren. Erst nach Schaffung eines konsistenten Rahmenwerks sowie einer validen Datengrundlage können aufsichtliche Greenwashing-Maßnahmen sinnvoll greifen. Die Prinzipienorientierung der CSRD geht in der Granularität der europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) beinahe verloren. Der Erfüllungsaufwand wurde unterschätzt: Kaum ein Unternehmen oder eine Bank kann die ESRS-Anforderungen vollumfänglich mit eigenen Mitteln umsetzen. Des Weiteren muss die Green Asset Ratio gemäß EU-Taxonomie überdacht werden, um ihre Aussagekraft zu erhöhen. Nicht zuletzt sprechen wir uns dafür aus, dass sich die regulatorischen Kapitalanforderungen weiterhin allein am Ausfallrisiko orientieren. Das bankaufsichtliche Rahmenwerk darf nicht der Umsetzung politischer Ziele dienen.

Im Fokus

Die öffentlichen Banken empfehlen:

  • den Abbau bürokratischer Auflagen, da diese Prozesse verlangsamen, mitunter im Laufe des Prozesses Unklarheiten schaffen und weitere Kapazitäten der Kreditwirtschaft binden,
  • einen stärkeren Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit und die Souveränität in der EU-Gesetzgebung, sodass
    • Verbriefungsmärkte zur Finanzierung der Transformation wiederbelebt werden,
    • makroprudenzielle Instrumente einfacher und flexibler ausgestaltet werden,
    • die Proportionalität hinsichtlich verschiedener Geschäftsmodelle gewahrt wird.
    • die regulatorische Aufarbeitung der Finanzkrise samt Bankenabgabe als abgeschlossen angesehen werden kann.
    • Sustainable-Finance-Rechtsakte auf Harmonisierung und Umsetzbarkeit überprüft werden,
  • eine prinzipienorientierte Gesetzgebung, um die Real- und Finanzwirtschaft zu entlasten und dadurch Investitionen und Finanzierungen zu stärken.