Sustainable Finance

Durch eine nachhaltige Ausrichtung der Finanzwirtschaft sollen Kapitalflüsse verstärkt in ökologische und soziale Investitionen geleitet, Nachhaltigkeitsrisiken besser gesteuert sowie Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen (ESG) stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Im Fokus steht dabei ein EU-weites Nachhaltigkeitsklassifizierungssystem (Taxonomie). Der delegierte Rechtsakt (DR) zu den ersten zwei klimabezogenen Umweltzielen sowie die Konkretisierung zur Offenlegung von Taxonomie-Kennzahlen (Art. 8) wurden im Dezember 2021 veröffentlicht. Im Juli 2022 folgte der zusätzliche DR zur Eingliederung der Wirtschaftsaktivitäten, die fossile Gas- und Atomenergie berücksichtigen. Korrespondierende Berichte der Kreditinstitute enthielten bislang ihre Taxonomiefähigkeitsquote (Eligibility); die Green Asset Ratio (GAR) wird zum 31. Dezember 2023 verpflichtend offengelegt.

Der Entwurf des DR zu den verbleibenden vier Umweltzielen (Taxo 4) wurde am 27. Juni 2023, zusammen mit einer Anpassung des Art. 8 DR sowie einem weiteren DR mit Gesetzesvorschlägen zur Erweiterung von Wirtschaftsaktivitäten im Klimabereich, von der EU-Kommission angenommen. Am selben Tag hat die EU-Kommission ihre Empfehlung zur Umstellungsfinanzierung (Transition Finance) veröffentlicht. Das Thema sozialer Investitionen wird frühstens in der kommenden Legislaturperiode ab 2024 aufgegriffen werden. Von der in diesem Zusammenhang angedachten Schaffung einer sozialen Taxonomie wird zunehmend Abstand genommen.

Die Anforderungen an die Offenlegung von ESG-Faktoren einschließlich deren Integration in den Anlageprozess (SFDR) gelten seit März 2021, jedoch sind noch viele Detailfragen offen. Aufgrund der Interdependenzen hat die EU-Kommission im April 2022 die 13 veröffentlichten Regulierungsstandards (RTS) unter der SFDR in einem einzelnen Rechtsakt gebündelt. Die Anwendung des RTS ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Am 12. April 2023 veröffentlichten die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) eine Konsultation mit dem Ziel der Überarbeitung des RTS zur Vereinfachung der Berechnung bestehender PAI, der Einführung weiterer, vor allem sozialer Indikatoren sowie der Offenlegung von Produktangaben zu Dekarbonisierungszielen. Ebenfalls soll die Offenlegung der DNSH-Angaben bei nachhaltigen Anlagen verbessert werden. Mit der Veröffentlichung der überarbeiteten RTS sei allerdings nicht vor dem ersten Quartal 2024 zu rechnen. Die Kommission veröffentlichte am 14. September 2023 eine öffentliche Konsultation zur Überprüfung des SFDR-Rahmenwerks.

Um den wachsenden Markt für grüne Anleihen weiter zu fördern und einen verlässlichen Rahmen für Investoren zu schaffen, wird – nach einer zwölfmonatigen Übergangsfrist – voraussichtlich ab dem vierten Quartal 2024 die Verordnung für einen EU Green Bond Standard (EuGBS) in Kraft treten. Die Nutzung des Labels „EuGB“, das an die EU-Taxonomie anknüpft und als Goldstandard in diesem Marktsegment fungieren soll, wird freiwillig sein.

Über die Definition von ESG-Risiken und deren Berücksichtigung im Eigenkapitalregime sowie im aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) wird weiter intensiv diskutiert. Im sich aktuell in Abstimmung befindlichen Bankenpaket (CRD VI-E/CRR III-E) werden ESG-Risiken erstmals vom europäischen Gesetzgeber definiert. Die EBA erhält zudem den Auftrag, Leitlinien zur Berücksichtigung von ESG-Risiken zu erstellen. Die EZB hat die Klima- und Umweltrisiken im Jahr 2022 in den Fokus ihrer thematischen Überprüfung gestellt und einen ersten großen Klimarisiko-Stresstest (CST) mit den bedeutendsten EU-Banken (SIs) durchgeführt.

Am 19. Dezember 2022 wurde der technische Durchführungsstandard (ITS) zur Offenlegung im aufsichtlichen Säule-3-Bericht um Vorschriften ergänzt, nach denen große kapitalmarktorientierte CRR-Kreditinstitute halbjährlich Angaben zu ESG-Risiken tätigen müssen. Der Anwendungsbereich wird mit der CRR III voraussichtlich ausgedehnt. Weitere aufsichtliche Vorgaben wurden durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in ihrer Roadmap on Sustainable Finance vom 13. Dezember 2022 angekündigt.

Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) wurde am 16. Dezember 2022 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Richtlinie wird durch detaillierte Berichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) konkretisiert. Das erste Set aus zwölf ESRS wird voraussichtlich noch im Jahr 2023 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Entwicklung von europäischen Sektorstandards wird um zwei Jahre verschoben. Ebenso hat der International Sustainability Standards Board (ISSB) seine ersten beiden Nachhaltigkeitsberichtsstandards verabschiedet. Diese können freiwillig ab dem 1. Januar 2024 angewendet werden. Eine verpflichtende Anwendung in der EU, analog zu den IFRS Accounting Standards, ist aktuell nicht vorgesehen.

Außerdem hat die Europäische Kommission Ende Februar 2022 ihren Entwurf für eine EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht. Am 13. Juni 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Verordnungsvorschlag zu ESG-Ratinganbietern.

Unsere Positionen

Wir unterstützen nachdrücklich, dass vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise im Rahmen von langfristigen Konjunkturprogrammen Nachhaltigkeitserwägungen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland aufgegriffen werden. Dies gilt insbesondere für die Stärkung des Gesundheits- und Bildungswesens und die Bereitstellung von klimafreundlichen Infrastrukturen und Leitindustrien.

Wir sehen Bedarf an einheitlichen sektorspezifischen Übergangspfaden sowie einer darauf aufsetzenden wirtschafts-, umwelt- und fiskalpolitischen Flankierung.

Wir sind der Überzeugung, dass ein breiter Nachhaltigkeitsansatz notwendig ist, und sprechen uns daher für einen freiwilligen Rahmen für soziale Investitionen aus. Eine soziale Taxonomie hingehen sollte nicht weiterverfolgt werden.

Wir setzen uns für eine Beachtung der Besonderheiten des deutschen Kreditmarktes bei der Entwicklung von Transparenzanforderungen für Banken ein. Die Aussagekraft der verpflichtenden Taxonomiequoten ist aufgrund methodischer Schwächen derzeit sehr begrenzt. Wir halten eine zeitnahe Überarbeitung für dringend erforderlich.

Wir sind überzeugt, dass einheitliche, wissenschaftsbasierte Standards für nachhaltige Finanzprodukte die Transparenz für Investoren erhöhen, Unklarheiten seitens der Emittenten abbauen und langfristig zum Marktwachstum beitragen können. Der Einführung des Europäischen Green Bond Standard stehen wir sehr positiv gegenüber. Vor allem begrüßen wir die freiwillige Natur des Standards und die eingeräumte Flexibilität, bis zu 15 % der Emissionserlöse für die Finanzierung von noch nicht von der Taxonomie abgedeckten Wirtschaftstätigkeiten (Flexibility Pocket Approach) zu verwenden.

 

Wir begrüßen die EBA-Position, sich dem Thema ESG-Risiken schrittweise zu nähern; insbesondere setzen wir uns für längere Umsetzungszeiträume ein, da geeignete Verfahren und Methoden noch entwickelt werden müssen. Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, dass sich die bankaufsichtlichen Kapitalanforderungen an Kreditrisiken allein am Ausfallrisiko eines Kredites orientieren sollten. Dafür, dass „grüne“ Kredite mit einem niedrigeren und „braune“ Kredite mit einem höheren Ausfallrisiko verbunden sind, gibt es derzeit keine empirischen Belege.

Wir unterstützen zielgerichtete Garantierahmen der Bundesregierung für nachhaltige Finanzierungen.

Wir halten die Zeitlinie für die CSRD- und ESRS-Umsetzung unter Berücksichtigung der Detailtiefe und des Bedarfs der Anpassung interner Prozesse für ambitioniert. Zudem sollte eine stärkere Anlehnung an internationale Initiativen weiter angestrebt werden. Die Priorisierung der Leitlinien für bestehende Vorgaben und die Vermeidung von Überschneidungen bei Konsultationen unterstützen wir nachdrücklich.

Wir fordern eine Harmonisierung der Vorgaben für nachhaltige Produkte nach der SFDR und der Delegierten Verordnung zur MiFID II. Die unterschiedliche Ausgestaltung erschwert eine einheitliche Offenlegung und Produktgestaltung. Zudem sollten die Anwendungszeitpunkte einzelner Regelwerke besser aufeinander abgestimmt werden, zumal weiterhin nicht alle relevanten ESG-Daten vorliegen.

Wir setzen uns in den laufenden Verhandlungen zu ESG-Ratinganbietern insbesondere dafür ein, dass verbundinterne, nicht kommerziell angebotene Ratings explizit vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden.