Sustainable Finance

Durch eine nachhaltige Ausrichtung der Finanzwirtschaft sollen Kapitalflüsse verstärkt in ökologische und soziale Investitionen geleitet, Nachhaltigkeitsrisiken besser gesteuert sowie Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen (ESG) stärker in Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

Im Fokus steht dabei ein EU-weites Nachhaltigkeitsklassifizierungssystem (Taxonomie). Der delegierte Rechtsakt (DR) zu den ersten zwei klimabezogenen Umweltzielen sowie die Konkretisierung zur Offenlegung von Taxonomie-Kennzahlen (Art. 8) wurden im Dezember 2021 veröffentlicht. Berichte der Kreditinstitute enthalten derzeit ihre Taxonomiefähigkeitsquote (Eligibility); die Green Asset Ratio (GAR) wird erstmals zum 31. Dezember 2023 offengelegt. Im Juli 2022 folgte der zusätzliche DR zur Eingliederung der Wirtschaftsaktivitäten, die fossile Gas- und Atomenergie berücksichtigen.

Der Entwurf des DR zu den verbleibenden vier Umweltzielen (Taxo 4) wurde am 5. April 2023 zusammen mit einer Anpassung des Art. 8 DR sowie einem weiteren DR mit Gesetzesvorschlägen zur Erweiterung von Wirtschaftsaktivitäten im Klimabereich veröffentlicht.

Die EU-Kommission wird dem Vernehmen nach die soziale Taxonomie erst in der nächsten Legislaturperiode ab 2024 aufgreifen. Für 2023 sei noch eine freiwillige Leitlinie zu Transitionsaktivitäten geplant.

Die Anforderungen an die Offenlegung von ESG-Faktoren einschließlich deren Integration in den Anlageprozess (SFDR) gelten seit März 2021, jedoch sind noch viele Detailfragen offen. Die EU-Kommission hat im April 2022 aufgrund der Interdependenzen die 13 veröffentlichten Regulierungsstandards (RTS) unter der SFDR in einem einzelnen Rechtsakt gebündelt. Die Anwendung des RTS ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Am 12. April 2023 veröffentlichten die Eeuropäischen Aufsichtsbehörden (ESA) eine Konsultation mit dem Ziel der Überarbeitung des RTS zur Vereinfachung der Berechnung bestehender PAI, der Einführung weiterer, vor allem sozialer Indikatoren sowie der Offenlegung von Produktangaben zu Dekarbonisierungszielen. Ebenfalls soll die Offenlegung der DNSH-Angaben bei nachhaltigen Anlagen verbessert werden. Mit der Veröffentlichung der überarbeiteten RTS sei allerdings nicht vor dem ersten Quartal 2024 zu rechnen.

Um den wachsenden Markt für grüne Anleihen weiter zu fördern und einen verlässlichen Rahmen für Investoren zu

schaffen, wird – nach einer zwölfmonatigen Übergangsfrist– voraussichtlich ab dem vierten Quartal 2024 die Verordnung für einen EU Green Bond Standard (EuGBS) in Kraft treten. Die Nutzung des Labels „EuGB“, das an die EU-Taxonomie anknüpft und als Goldstandard in diesem Marktsegment fungieren soll, wird freiwillig sein.

Zudem wurde der DR zu MiFID II im August 2021 veröffentlicht. Details hierzu wurden im Laufe des Jahres 2022 von der ESMA konsultiert und werden voraussichtlich final im Sommer 2023 in Deutschland Anwendung finden.

Über die Definition von ESG-Risiken und deren Berücksichtigung im Eigenkapitalregime sowie im aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) wird weiter intensiv diskutiert. Im aktuell sich in Abstimmung befindlichen Bankenpaket (CRD VI-E/CRR III-E) werden ESG-Risiken erstmals vom europäischen Gesetzgeber definiert. Die EBA erhält zudem den Auftrag, Leitlinien zur Berücksichtigung von ESG-Risiken zu erstellen. Die EZB hat die Klima- und Umweltrisiken im Jahr 2022 in den Fokus ihrer thematischen Überprüfung gestellt und einen ersten großen Klimarisiko-Stresstest (CST) mit den bedeutendsten EU-Banken (SIs) durchgeführt.

Am 19. Dezember 2022 wurde der technische Durchführungsstandard (ITS) zur ESG-Offenlegung im aufsichtlichen Säule-3-Bericht im EU-Amtsblatt veröffentlicht, nach welchem große kapitalmarktorientierte CRR-Kreditinstitute halbjährlich Angaben zu ESG-Risiken tätigen müssen. Der Anwendungsbereich wird mit der CRR III voraussichtlich ausgedehnt. Weitere aufsichtliche Vorgaben wurden durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in ihrer Roadmap on Sustainable Finance vom 13. Dezember 2022 angekündigt.

Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) wurde am 16. Dezember 2022 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Richtlinie wird durch detaillierte Berichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) konkretisiert. Ebenso wird demnächst das International Sustainability Standards Board (ISSB) erste Nachhaltigkeitsberichtsstandards finalisieren.

In der finanziellen Berichterstattung spielen Finanzinstrumente mit ESG-Bezug zunehmend eine Rolle. Auf Basis der aktuellen Regelungen in dem International Financial Reporting Standard IFRS 9 besteht die Gefahr, dass in Zukunft ein Großteil dieser Bestände nicht mehr zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden kann. Die Folge wäre eine Fair-Value-Bewertung mit entsprechender Ergebnisvolatilität. Außerdem hat die Europäische Kommission Ende Februar 2022 ihren Entwurf für eine EU Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) veröffentlicht. Für den 13. Juni 2023 hat die Europäische Kommission eine Gesetzgebungsinitiative zu ESG-Ratinganbietern angekündigt

Unsere Positionen

Wir unterstützen nachdrücklich, dass vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise im Rahmen von langfristigen Konjunkturprogrammen Nachhaltigkeitserwägungen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland aufgegriffen werden. Dies gilt insbesondere für die Stärkung des Gesundheitswesens und der Bereitstellung von klimafreundlichen Infrastrukturen und Leitindustrien.

Wir sehen Bedarf an branchenspezifischen Übergangszeiträumen sowie einer wirtschafts-, umwelt- und fiskalpolitischen Flankierung, damit die Wirtschaft zukunftssicher transformiert werden kann.

Wir sind überzeugt, dass einheitliche, wissenschaftsbasierte Standards für nachhaltige Finanzprodukte die Transparenz für Investoren erhöhen, Unklarheiten seitens der Emittenten abbauen und langfristig zum Marktwachstum beitragen. Der Einführung des Europäischen Green Bond Standard stehen wir sehr positiv gegenüber.

Vor allem begrüßen wir die freiwillige Natur des Standards und die eingeräumte Flexibilität, bis zu 15 % der Emissionserlöse für die Finanzierung von noch nicht von der Taxonomie abgedeckten Wirtschaftstätigkeiten (flexibility pocket approach) zu verwenden. 

Wir setzen uns für eine Beachtung der Besonderheiten des deutschen Kreditmarktes bei der Entwicklung von Transparenzanforderungen für Banken ein. Die Aussagekraft der verpflichtenden Taxonomiequoten ist aufgrund methodischer Schwächen derzeit begrenzt. Wir halten eine zeitnahe Überarbeitung für erforderlich.

Wir sind der Überzeugung, dass ein breiter Nachhaltigkeitsansatz notwendig ist, und begrüßen daher eine Weiterentwicklung der Taxonomie, vor allem durch die Einbeziehung sozialer Aspekte. Vorab sollten jedoch die methodischen Schwächen der Green Asset Ratio behoben werden.

 

Wir begrüßen die EBA-Position, sich dem Thema ESG-Risiken schrittweise zu nähern; insbesondere setzen wir uns für längere Umsetzungszeiträume ein, da geeignete Verfahren und Methoden noch entwickelt werden müssen. Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, dass sich die bankaufsichtlichen Kapitalanforderungen an Kreditrisiken allein am Ausfallrisiko eines Kredites orientieren sollten. Dafür, dass „grüne“ Kredite mit einem niedrigeren und „braune“ Kredite mit einem höheren Ausfallrisiko verbunden sind, gibt es derzeit keine empirischen Belege.

Wir unterstützen einen Garantierahmen der Bundesregierung für nachhaltige Finanzierungen.

Wir halten die Zeitlinie für die CSRD- und ESRS-Umsetzung unter Berücksichtigung der Detailtiefe und des Bedarfs der Anpassung interner Prozesse für ambitioniert. Zudem sollte eine stärkere Anlehnung an internationale Initiativen weiter angestrebt werden. Den Aufruf von EU-Kommissarin McGuinness zur Priorisierung der Leitlinien für bestehende Vorgaben und zur Vermeidung von Überschneidungen bei Konsultationen unterstützen wir nachdrücklich.

Wir fordern eine Harmonisierung der Vorgaben für nachhaltige Produkte nach der SFDR und der Delegierten Verordnung zur MiFID II. Die unterschiedliche Ausgestaltung erschwert eine einheitliche Offenlegung und Produktgestaltung. Zudem sollten die Anwendungszeitpunkte einzelner Regelwerke besser aufeinander abgestimmt werden, zumal weiterhin nicht alle relevanten ESG-Daten vorliegen.

Wir plädieren für ein separates Projekt des International Accounting Standards Board (IASB), das die ESG-Thematik bei Finanzinstrumenten schnellstmöglich aufgreift. Wir schlagen die Überarbeitung der geltenden Bilanzierungsvorgaben dergestalt vor, dass unter bestimmten noch zu definierenden Kriterien auch für Finanzinstrumente mit ESG-Verlinkung eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten zulässig ist.