Verbandsklage
Mit der EU-Verbandsklagenrichtlinie vom 25. November 2022 wurden die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Massenverfahren in ihren nationalen Rechtsordnungen einzuführen, gewährt den Mitgliedstaaten dabei aber gewisse Umsetzungsspielräume. Die Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten bis zum 25. Dezember 2023 umzusetzen. Die neuen Regelungen sind in den nationalen Jurisdiktionen ab dem 25. Juni 2023 anzuwenden.
Nachdem im Februar ein noch nicht ressortabgestimmter Referentenentwurf des Umsetzungsgesetzes zur Verbandsklagenrichtlinie (VRUG) in die Verbändekonsultation gegeben wurde, ist der Regierungsentwurf zum VRUG am 29. März 2023 veröffentlicht worden.
Das VRUG sieht vor, dass künftig qualifizierte Einrichtungen für Verbraucher direkt auf Leistung klagen und so eine Abhilfeentscheidung erwirken können. Personen, die sich einer Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, müssen derzeit nach erfolgreichem
Feststellungsurteil gesondert Leistungsklage erheben. Voraussetzung ist, dass mindestens 50 Personen gleichartige Ansprüche zum Verbandsklagenregister angemeldet haben (Opt-In-Modell). Zuständig werden, wie bereits bei der Musterfeststellungsklage, die Oberlandesgerichte sein. Diese sprechen in einem Abhilfeendurteil einen kollektiven Gesamtschadenersatzbetrag aus. Die Einzelansprüche werden anschließend im sogenannten Umsetzungsverfahren geprüft und verteilt.
Anders als in der EU-Verbandsklagenrichtlinie vorgesehen, sollen auch kleinere Unternehmen ihre Ansprüche anmelden können. Zudem sieht der Entwurf vor, dass sämtliche Ansprüche, die eine Vielzahl von Verbrauchern gegen ein Unternehmen betreffen, durch qualifizierte Einrichtungen eingeklagt werden können. Die EU-Verbandsklagenrichtlinie selbst verlangt nur, dass bestimmte, im Annex aufgezählte Verbraucherrechte mit der Verbandsklage durchgesetzt werden können. Damit geht der Entwurf an einigen Stellen über die Vorgaben der EU-Verbandsklagenrichtlinie hinaus.
Unsere Positionen
Wir halten den Regierungsentwurf grundsätzlich für angemessen, da er die Rechtsposition der Verbraucher durch eine weitere kollektive Klagemöglichkeit deutlich stärkt und dabei zugleich die berechtigten Interessen der Unternehmen an einem fairen Verfahren berücksichtigt.
Wir sehen jedoch trotz des grundsätzlich positiv zu bewertenden Entwurfs, einige kritische Aspekte, wie z.B. das späte Opt-in, die unklare Erweiterung des Anwendungsbereichs auf „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“, die Gleichstellung kleiner Unternehmen mit Verbrauchern in § 1 Abs. 2 VDUG-E oder die Streitwertdeckelung auf 500.000 Euro.
Wir fordern, dass bei der Umsetzung der EU-Vorgaben in das nationale Recht die Missbrauchsmöglichkeiten durch neue Klageinstrumente verhindert werden müssen, um unnötige Belastungen der Unternehmen in der wirtschaftlich sehr angespannten Lage auszuschließen.